In vielen Haushalten dreht sich zur Advents- und Weihnachtszeit eine klassische Weihnachtspyramide |
Gedichte, Märchen und Geschichten gehören zur Advents- und Weihnachtszeit dazu. Unsere traditionelle Lesung in unserem Dorfmuseum "De Dörpstuw" musste in diesem Jahr allerdings leider ausfallen. Sie findet sonst immer unmittelbar vor dem 3. Advent statt. Als Alternative gibt es daher heute am Heiligabend einen Weihnachtsgruß von uns an Euch in Form einer kleinen Geschichte.
In der Kurzgeschichte geht es um eine Weihnachtspyramide.
"Und sie dreht sich"
Das mit den Weihnachtspyramiden, das ist so eine Sache.
Die einen lieben sie unendlich und die anderen bekommen ein beinahe schmerzverzerrtes Gesicht, weil sie
ihnen so schrecklich kitschig oder altbacken erscheinen. Ob Kitsch oder Kunst, ich denke, das mag am besten jeder für sich entscheiden. Ich selbst habe zu
Weihnachtspyramiden eine durchaus gespaltene und eher sehr skeptische Meinung. Und trotzdem, es gibt in meinem Haushalt eine Weihnachtspyramide – und die mag ich
wirklich!
Meine beiden Geschwister und ich wurden in Mecklenburg geboren und sind hier aufgewachsen. Unsere Eltern erhielten Mitte der 1960er Jahre eine der begehrten Weihnachtspyramiden geschenkt. Ihre beste Freundin, für uns Kinder „Tante Dörte“, hatte tatsächlich irgendwo eine Weihnachtspyramide „ergattert“. Was für ein Geschenk!
Kunsthandwerk aus Traditionswerkstätten in der DDR war auch in Westdeutschland begehrt und entwickelte sich zu einem Exportschlager, durch den die DDR notwendige Devisen einnahm. Die DDR-Mark war ja auf dem Weltmarkt nichts wert, doch der Staat musste an Devisen gelangen, um einige dringend benötigte Güter einkaufen zu können. Dass so viel Kunsthandwerk ausgeführt wurde hatte zur Folge, dass Weihnachtspyramiden zu den Dingen gehörten, die in der DDR oft nur „unter dem Ladentisch“ und durch gute persönliche Beziehungen zu bekommen waren.
In den ersten Jahren durften wir Kinder uns an der Pyramide nur erfreuen oder auf Zuruf unserer Eltern, unserer Großmutter oder anderer anwesender Erwachsener die kleinen Kerzen rechtzeitig auspusten. Vor lauter Eifer spritzte da schon hin und wieder mal das rote oder weiße Kerzenwachs umher und landete "fröhlich" auf einer Tischdecke, auf unserer Kleidung, auf dem Teppich oder anderen Gegenständen in der Nähe. Bei unserer Mutter löste das verständlicher Weise natürlich keine besonders große Begeisterung aus.
Weihnachten 1967 |
Der alljährliche Zusammenbau, das Bestücken mit neuen Kerzen, kleinere Reparaturen, die durch den häufigen Gebrauch immer mal wieder anfielen, und nach Neujahr das Zerlegen und Verstauen bis zur nächsten Saison waren vor allem unserem Vater vorbehalten, der sich behutsam um das fragile Stück kümmerte. Erst ein paar Jahre später, als wir umsichtiger und geschickt genug waren, haben auch wir uns gelegentlich mit um die Pyramide gekümmert.
Weihnachten 1980 |
Rund dreißig Jahre hat sich die Weihnachtspyramide im Haushalt unserer Eltern gedreht. Dann, bald nach dem Tod unseres Vaters, durfte sie in meinen eigenen Haushalt umziehen. Meine Tochter und ich waren begeistert! Mein Mann kommentierte das geliebte Familienstück „mit den Kerzen tragenden weißen Damen“ zwar eher ein wenig spöttisch, übernahm aber uns zuliebe von Anfang an freiwillig und wirklich sehr sorgsam die „betriebliche Betreuung“.
Also hat sich
die Pyramide nun jedes Jahr in der Advents- und Weihnachtszeit in unserem
Haushalt gedreht. Und sie dreht sich immer noch.
Es ist nicht verwunderlich, dass die vielen tausend Runden im Laufe der Zeit fast zwangsläufig so einige Spuren hinterlassen haben. Die Laufmulde ist etwas ausgeschlagen, wodurch
die Mittelachse „eiert“. Der eine oder andere Flügel hat leichte Schmauchspuren
abbekommen. Die Kerzenhalterungen wackeln immer mal wieder oder es sind kleine
Lackschäden zu beheben. Doch sie dreht sich. Zuverlässig. Sie schafft alle Jahre erneut Behaglichkeit und
sorgt für Freude in der Advents- und Weihnachtszeit.
Und sie dreht sich …
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Bestimmt gibt es auch in Eurer Familie etwas, über das sich eine kleine Geschichte erzählen lässt. Ihr könntet Euch so eine Geschichte doch beispielsweise innerhalb der Familie oder jemandem am Telefon erzählen. Ihr könntet sie aufschreiben und dazu passende Fotos oder Zeichnungen heraussuchen oder selbst anfertigen. Und ihr könntet Eure Geschichte an andere Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte als ein besonderes und ganz persönliches Geschenk verschenken. Vielleicht probiert Ihr es in diesem oder im nächsten Jahr einmal aus.
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